Hier stellen wir Ihnen Taiwans 20-bis 30jährige vor, eine Generation mit mehr Ausbildungsmöglichkeiten, mehr Freiheiten und mehr Geld, als es sich ihre Eltern jemals träumen ließen.
Taiwans junge Erwachsene heben sich von früheren Generationen ab. Wirklich! Sie sehen sogar anders aus. Durch eine bessere Ernährung ist diese Generation bedeutend größer und kräftiger gewachsen als die älteren Bürger. Und die immer wohlhabender und internationaler werdende Gesellschaft hat ihnen Zugang zu importierter Designerkleidung und modischen Haarschnitten verschafft.
Sie sprechen auch anders. Ihre Großeltern fühlen sich mit Japanisch wohl, ihre Eltern sprechen regionale Dialekte wie Taiwanesisch oder Hakka, aber unter den jungen Erwachsenen - besonders in Taipei - ist Mandarin die erste Wahl. Und die meisten verfügen über Grundlagen in Englisch. Sie alle haben drei Jahre Englisch in der Mittelstufe gelernt und jene, die die weiterführende Oberstufe besuchten, konnten weitere drei Jahre genießen.
Aber am wichtigsten ist, daß sie eine andere Denkweise aufzeigen. Ihr Lebensstil, ihre Vorzüge und Ziele unterscheiden sich gravierend von denen der älteren Generation. Während ihre Großeltern Taiwan noch als arme japanische Kolonie kannten und die Eltern das Land als agrarische Provinz erlebten, erfuhren die zwischen 1963 und 1973 Geborenen Taiwan als ein Land mit blühendem Industriewachstum. Die jungen Erwachsenen wuchsen mit amerikanischem Fastfood, Kinofilmen aus Hongkong und Videospielen aus Japan auf. Im Vergleich zu jenen, die 1963 zu arbeiten begannen und mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 166 US$ zu rechnen hatten, sahen sich die 92er Berufsstarter einer Gesellschaft mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 9000 US$ und einer Arbeitslosenrate von unter zwei Prozent gegenüber.
Eine Hauptursache des Generationskonflikts ist, daß die heutigen jungen Erwachsenen finanziell besser gestellt sind, als die ältere Generation es jemals für möglich gehalten hätte. Nehmen wir beispielsweise den 20jährigen Michael Wu, der eine Halbtagsstelle als Verkäufer in einem Herrenbekleidungsgeschäft in Taichung hat. Wu (Name von der Redaktion geändert) erhält monatlich 600 US$ Taschengeld von seinen Eltern. Den größten Teil davon gibt er zusammen mit den durch seine Arbeit verdienten 400 US$ für neue Kleidung, Unterhaltung und Essengehen aus. Er sieht wenig Sinn im Sparen, da seine Eltern gut für ihn vorgesorgt haben. "Meine Eltern besitzen viele Häuser", erklärt er. "Eines Tages werden die meinem Bruder und mir gehören."
Oder das Beispiel der Wang Jo-hua (王若華), einer 29jährigen Reisebürokauffrau, die einen beträchtlichen Teil ihres Lohns für Auslandsreisen aufwendet. Im Alter von zweiundzwanzig machte Wang ihren ersten Auslandsurlaub in Thailand. Sie unternimmt jährlich vier Einkaufstrips nach Hongkong und verbringt alle achtzehn Monate einen Urlaub in Europa. Normalerweise reist sie alleine oder mit ein paar Freunden. Diese Unternehmungen sind etwas, was ihre Eltern im gleichen Alter niemals in Betracht gezogen haben. "Für meine Eltern war es unmöglich zu reisen", gibt Wang zu. "Ihnen fehlte das Geld dazu. Sie arbeiteten schwer, um vier Kinder großzuziehen."
Wang wird wahrscheinlich heiraten, hofft aber, ihren Lebensstil nicht verändern zu müssen. Bei der Frage, welche Qualitäten denn der ideale Ehemann aufzuweisen habe, rangiert finanzielle Sicherheit ganz oben. "Je wohlhabender, umso besser natürlich", antwortet sie. "Es wäre prima, wenn ich nach der Heirat nicht mehr arbeiten müßte."
Geschichten wie diese machen Taiwans Älteren Angst, daß junge Leute die traditionellen Werte wie Sparsamkeit, Fleiß und Aufopferung nicht mehr für wichtig erachten. Ist diese neue Generation in Taiwan vergleichbar mit der amerikanischen Yuppie-Generation? Chan Hou-sheng (詹火生), Vorsitzender der Abteilung und des Graduierteninstituts für Soziologie an der Nationalen Taiwan-Universität, glaubt, daß die jungen Erwachsenen von heute einfach das Produkt einer andersartigen Gesellschaft sind. Er weist auf verschiedene grundlegende Veränderungen in den Jahren des Heranreifens der jungen Erwachsenen hin. "Taiwans Wirtschaft begann, rapide Fortschritte zu machen, und in den sechziger Jahren stieg das Pro-Kopf-Einkommen steil an", beschreibt Chan. "Eltern, welche die finanziell harte Zeit in den Jahren nach der Übersiedlung der Regierung nach Taiwan im Jahr 1949 miterlebt hatten, wollten ihren Kindern das materiell bestmögliche Leben bieten."
Die gewandelte Rolle der Frau hat auch Auswirkung auf die jungen Jahrgänge gehabt. In den späten sechziger Jahren begann eine beachtliche Zahl von Frauen zu arbeiten. 1968 waren 32 Prozent aller über 15 Jahre alten Frauen berufstätig, 1990 waren bereits 47 Prozent außer Haus beschäftigt. Zum Ausgleich für die Zeit, die sie folglich nicht mehr mit ihren Kindern verbringen konnten, gaben sie mehr Geld für sie aus.
Ab den sechziger Jahren sank die Kinderzahl der Familien. Viele der heutigen 20-bis 30jährigen wuchsen mit nur einem Geschwisterteil oder als Einzelkind auf. "Solche Kinder tendieren zur Ichbezogenheit, weil sie nicht lernen, mit anderen zu teilen", bekundet Chan. "Sie kümmern sich nicht mehr so sehr um gesellschaftliche Probleme und zeigen geringfügigeres Mitgefühl für andere. Sie machen sich außerdem weniger aus Familienbindungen, da sie von klein auf zur Unabhängigkeit erzogen worden sind."
Das Ergebnis? Junge Leute haben sich den Ruf erworben, egozentrisch, materialistisch und an sozialen Angelegenheiten desinteressiert zu sein. "Um herauszufinden, wie sehr sich junge Leute um nationale und internationale Belange kümmern, muß man nur fragen, wie viele Studenten bei der ersten Seite anfangen, wenn sie Zeitung lesen", schlägt Sabastian Hsien-hao Liao (廖咸浩), Assistenzprofessor für englische Literatur an der Nationalen Taiwan-Universität, vor. "Die Antwort lautet: sehr wenige."
Es gibt einige erwähnenswerte Ausnahmen von dieser Kritik. Aus Protest gegen das Tienanmen-Massaker von 1989 demonstrierten Tausende von jungen Leuten in Taipei. Viele spendeten Geld oder Blut und versuchten, Zeitungsberichte über die Gewalttaten nach Festlandchina zu senden. 1990 kamen zehntausend Studenten aus ganz Taiwan in Taipei zusammen, um durch einen siebentägigen Sitzstreik die Pensionierung der 1947 gewählten Mitglieder der Nationalversammlung zu erzwingen. Und im April 1992 schlossen sich viertausend Studenten einer Demonstration für direkte Präsidentenwahlen an.
Nichtsdestotrotz werden die jungen Leute allgemein als träge und materialistisch angesehen. Chang Chin-li (張錦麗), eine Chefsekretärin der Taipeier "Stiftung moderner Frau" (Taipei Modern Women's Foundation), stellt fest: "Sie befinden sich immer noch in der Phase, wo ihre Hauptsorge 'Ich' heißt." Chang hat Schwierigkeiten, Freiwillige unter den 20- bis 30jährigen zu finden. "Es mag sein, daß sie von der Idee zu helfen begeistert sind, aber sie wollen keine niedrigen Arbeiten ausführen, wie Flugblätter auf der Straße verteilen", erzählt sie. "Das persönliche Ansehen geht ihnen über alles."
Daneben sind Beobachter besorgt, weil sich die jungen Leute so wenig um die Erhaltung der chinesischen Kultur kümmern. "Die Menschen auf Taiwan und vor allem die jüngeren Jahrgänge verlieren ihre kulturelle Identität", teilt der Soziologe Chan Hou-sheng fest. "Das ist die Schuld der älteren Generation. Wir haben versäumt, unseren Nachfolgern eine Umgebung zu schaffen, in der sie über ihre eigene Kultur lernen können. Ich sage oft: Die chinesische Kultur existiert im Palastmuseum. Im täglichen Leben trifft man sie nicht mehr an, abgesehen von unserer Sitte, chinesisches Essen mit Stäbchen zu verspeisen. Ohne eine kulturelle Identität ist das schiere Überleben eines Landes gefährdet."
Was die ältere Generation vielleicht am meisten schockiert, ist die veränderte Einstellung der jungen Leute zur Pietät gegenüber den Eltern. Heutzutage gibt es junge Erwachsene, die mit der jahrhundertealten Tradition gebrochen haben und sich nicht mehr - weder in finanzieller Hinsicht noch durch Betreuung - um ihre Eltern kümmern. Der 25jährige Immobilienmakler Wang Liang-i (王量ㄧ) aus Taipei beispielsweise denkt nicht daran, eine Eltern im Alter zu verorgen, schon allein, weil er es sich nicht wird leisten können. "Ich würde es liebend gerne tun, wenn ich das Geld dafür hätte", versichert er. "Aber bei den extrem hohen Lebenshaltungskosten in Taiwan wird das sehr schwierig sein."
Diese Einstellung ist heutzutage nichts Außergewöhnliches. Im Rahmen einer kürzlich von der Nationalen Taiwan-Universität durchgeführten Studie erklärten 80 Prozent der befragten Eltern, daß sie bereit seien, mit ihren erwachsenen Kindern zu leben, während nur 67 Prozent der befragten Nachkommen sich einverstanden erklärten, ihre Eltern aufzunehmen. "Offensichtlich wandelt sich die Einstellung der jungen Leute über das uralte Konzept der kindlichen Pietät", bemerkt Chan Hou-sheng. "Sie betrachten es nicht länger als eine unausweichliche Verpflichtung."
Diese Veränderung ist zum Teil Folge der kletternden Lebenshaltungskosten in Taiwan. Obwohl junge Leute mehr Geld verdienen als ihre Eltern früher, sehen sie sich mit rasch ansteigenden Kosten und dem stärkeren Druck, materiellen Erfolg erlangen zu müssen, konfrontiert. Taipei kämpft gegenwärtig mit Tokio um den Rang des teuersten Stadtpflasters Asiens. Wang Liang-i stellt es so dar: "Du mußt dich zuerst um dich selbst kümmern, ehe du andern helfen kannst, stimmt's?"
Viele jungen Leute wollen einfach nur Unabhängigkeit erlangen - ein Wunsch, der bei älteren Generationen unbekannt war. Früher durften die Kinder erst von zu Hause ausziehen, wenn sie heirateten. Heute dagegen wird das Alleinwohnen akzeptiert und sogar als schick erachtet. Jene, die heiraten, tun es spät; 64 Prozent der 3,8 Millionen hiesigen Bürger zwischen zwanzig und dreißig sind ledig - und einige davon planen auch nicht, den Bund der Ehe einzugehen. Tsai Yao-tuan (蔡瑤顓), Filialleiterin bei der japanischen Supermarktkette Yumaowu in Taichung, stellt ihre Ansichten über die Ehe so dar: "Wenn der Richtige nicht kommt, werde ich wohl eine der 'alleinstehenden Adligen' werden". Damit bezieht sich die 27jährige auf eine neue Gesellschaftsgruppe von jungen Singles, wie sie die Schriftstellerin Huang Ming-chien in ihrem Bestseller "Single Nobles" dargestellt hat. Das 1989 erschienene Werk beschreibt Huang's persönliche Erfahrungen als alleinlebende Frau. Die Bezeichnung wurde schnell von unverheirateten jungen Erwachsenen übernommen.
Eine 1992 vom Innenministerium durchgeführte Untersuchung über den Lebensstil zeigt, wie sich die Ansichten über Heirat gewandelt haben. Nur 8,5 Prozent der 1400 befragten jungen Leute hielten die Ehe für ein Muß. Die Restlichen stimmten dem nicht zu oder hatten keine Meinung dazu. Das Zusammenleben ohne Trauschein hielten 22 Prozent der Zwanzigjährigen für eine akzeptable Möglichkeit, während nur 15 Prozent der Dreißigjährigen und 8 Prozent der Fünfzigjährigen in diesem Punkt zustimmten.
Junge Leute, die heiraten, aber das Kinderkriegen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, brechen mit einer weiteren kulturellen Auflage. Der 29jährige Radio Diskjockey Chang Yen-tien (張碩田) beabsichtigt, in diesem Jahr zu heiraten, kämpft aber mit dem Kinderthema. "Das einzige, was mir Sorgen bereitet", erklärt er, "ist, daß ich keine Kinder haben werde, die mich im Alter besuchen."
Scheidungen, die in früheren Zeiten ein starkes Tabu darstellten, gewinnen nun besonders bei der jungen Bevölkerung an Akzeptanz. Während sich 1961 nur 4500 Ehepaare scheiden ließen, stieg die Zahl 1991 auf 28 000 an. Laut Untersuchung des Innenministeriums anerkennen 60 Prozent der jungen Erwachsenen die Scheidung, während nur 25 Prozent der über Vierzigjährigen diese Haltung einnehmen.
"Bei der Liebe hat die junge Generation eine lockere Einstellung", bemerkt Mike Chow (鄒光華), leitender Direktor von Viewpoint Research and Consulting, einer Marktforschungsfirma in Taipei. Er bezeichnet sie witzelnderweise als Fastfood-Generation. "Sie sind einfach viel pragmatischer. Wenn sie merken, daß eine Beziehung nicht klappt, dann brechen sie sie kurzerhand ab. Zusammenbleiben erachten sie als Verschwendung ihrer Zeit und Energie."
Solche selbstbewußten Haltungen findet man auch am Arbeitsplatz wieder. Die 33jährige Liao Han-tai (廖翰代), Oberschwester am Nationalen Taiwan-Universitäts-Krankenhaus in Taipei, betrachtet ihre jüngeren Kolleginnen mit gemischten Gefühlen. "Die haben keine Hemmungen, ihre Meinung offen kundzutun", stellt sie fest. "Gleichzeitig werden sie leicht ungehalten, wenn man sie um etwas bittet. In ihrem Alter habe ich alles gemacht, was mir aufgetragen wurde. Man führte Anordnungen aus, ohne Fragen zu stellen."
Mike Chow ergänzt, daß das frühere familiäre Verhältnis zwischen den Chefs und ihren Angestellten nicht mehr existiert. "Viele junge Arbeitnehmer gehen eine neue Stelle mit der Einstellung an: 'Erstmal sehen, was ihr zu bieten habt. Dann überlege ich mir, was ich für euch tun kann"', beschreibt er. "Es gibt nicht mehr viel Sympathie zwischen den beiden Seiten."
Aber die junge Generation bringt auch neue Fähigkeiten mit an den Arbeitsplatz. Sie haben eine bessere Ausbildung genossen als frühere Generationen. Das Innenministerium schätzt die Analphabetenquote bei den 20- bis 30jährigen auf zirka 0,2 Prozent im Vergleich zu 16 Prozent bei den 50- bis 60jährigen. Neben der längeren verpflichtenden Schulzeit sowie mehr Möglichkeiten eines weiterführenden Schulbesuchs bieten sich den jungen Leuten heutzutage viele Gelegenheiten, im Ausland zu studieren. Und die heutigen Studenten wählen Fächer, die den älteren Jahrgängen völlig fremd sind. Viele der beliebtesten Studiengänge an der Nationalen Taiwan-Universität beispielsweise - wie Computerwissenschaft und Biochemie - waren den Studenten vor zwanzig Jahren praktisch unbekannt.
Anne Tseng (曾瑞枝), Kommunikationsdirektorin bei Acer Sertek Inc., Taiwans größtem Computerhersteller, weist darauf hin, daß junge Leute einzigartige Stärken als Angestellte haben. Im Vergleich zu älteren Mitarbeitern sind die jungen Erwachsenen im allgemeinen kreativer, risikofreudiger und offener gegenüber neuen Ideen. "Sie sind sehr gut im Kommunizieren, weil sie normalerweise überaus aufgeschlossen sind", führt Tseng an. "Sie wissen, wie man kooperiert und wie man Kontakte am besten nutzen kann - was Gleichaltrige vor zehn Jahren nicht gelernt hatten."
Der Nachteil bei der Einstellung von jungen Mitarbeitern ist laut Tseng, daß sie kündigen, wenn sie das Gefühl haben, daß es zu langsam auf der Karriereleiter aufwärts geht. Der häufige Stellenwechsel von 20- bis 30jährigen hat sich zu einer Hauptsorge der hiesigen Firmen entwickelt.
"Sie warten ungeduldigst darauf, die Stelle des Älteren einzunehmen", frotzelt Mike Chow. Im allgemeinen sieht er den Ehrgeiz seiner jungen Mitarbeiter als positiv für die Firma. Aber er fragt: "Warum die Eile? Wenn sie etwas wissen, denken sie gleich, daß sie alles können und wollen ihr eigener Chef sein."
Der 29jährige Kuo Hung-ming (郭宏明) ist einer der schnellen Stellenwechsler. Im Alter von 26 kündigte er seine Stelle bei einer Werbeagentur in Taipei, um sein eigenes Spielzeuggeschäft zu eröffnen. Er erklärt, daß dies der einzige Weg sei, sein Ziel - nämlich vor seinem 40. Geburtstag 10 Millionen NT$ (400 000 US$) zu verdienen - zu erreichen. "Und dann will ich um die Welt reisen", verkündet Kuo. Mit dem von seinem Vater geliehenen Geld eröffnete er 1989 ein Geschäft in Taipei und letztes Jahr ein zweites in Taichung. "Ich könnte mein Ziel niemals erreichen, wenn ich weiterhin für jemand anderen arbeiten würde", macht er klar.
Professor Chan Hou-sheng glaubt, daß der Drang junger Erwachsener, schnelles Geld zu verdienen, teilweise eine Folge der spielkasinohaften Atmosphäre ist, die mit der in letzter Zeit gewachsenen Beliebtheit von Lotterien sowie Börsenspekulation auf Taiwan Einzug gehalten hat. "Sie fragen: 'Wenn jemand über Nacht reich werden kann, warum soll ich dann zehn Jahre warten?'" bemerkt Chan.
Liu Te-i (劉德一), ein 25jähriger Computeringenieur bei Tai-ding Development and Management Inc. in Taichung, erinnert sich, wie er als Student an der Taichunger Tunghai-Universität mit dem Schreiben von Computerprogrammen für die illegale Ta-chia-le-Lotterie Geld scheffelte. "Ich hab das meiste Geld meines Lebens verdient", denkt Liu zurück. "Mit dem Geld habe ich mein Auto, meine Stereoanlage, den Videorekorder, Fernseher, Kühlschrank und Möbel angeschafft."
Das herausragendste und am meisten kritisierte Merkmal der jungen Generation ist ihre Vorliebe für das Geldausgeben. Eine wachsende Zahl von jungen Berufstätigen erachtet es als normal, ein Drittel ihres Gehalts für Kleidung und Freizeit einzuplanen. Die 29jährige Jacqueline Chang, Sekretärin bei einer amerikanischen Handelsfirma in Taipei, ist eine dieser Superkäuferinnen. Während kürzlicher Einkaufsbummel legte Chang mal eben 17 500 NT$ (700 US$) für fünf Paar italienische Schuhe auf den Ladentisch, mehr als die Hälfte ihres monatlichen Gehalts von 30000 NT$ (1200 US$). "Alle machen das", verteidigt sich Chang. "Hätte ich die Schuhe nicht gekauft, wäre ich so aufgeregt gewesen, daß ich nicht geschlafen hätte."
"Geldausgeben hilft ihnen, die Arbeitsbelastung auszugleichen", erklärt Mike Chow. "Und man darf nicht vergessen, daß sie mit dem Fernsehen aufgewachsen sind. Sie lassen sich leicht durch Werbespots beeinflussen." Die Mehrzahl der Reklamesendungen im Fernsehen richtet sich an Leute unter dreißig. Chow verweist auf den Slogan aus einem Getränke-Werbespot, der zu einer Art Schlagwort unter den jungen Leuten geworden ist: "Wenn es mir gefällt, warum nicht?"
Spielzeugladenbesitzer Kuo Hung-ming weist darauf hin, daß viele junge Leute unter gesellschaftlichem Druck kaufen. "Die Leute bewundern die Reichen, egal woher das Geld stammt", weiß er und ergänzt, daß gutes Aussehen in Taiwan sehr wichtig ist. "Man schätzt das Vermögen einer Person nach ihrer Kleidung ein." Ein anderes Beispiel sind die Mobiltelefone, die zu einem derart beliebten Statussymbol geworden sind, daß man in Kinos hierzulande Schilder angebracht hat, auf denen Kinobesucher gebeten werden, ihre Apparate während der Vorführung auszuschalten.
Woher beziehen die jungen Leute ihr Geld? "Sie wissen, wie man Geld ausgibt, aber sie verstehen auch, welches zu verdienen", bemerkt Mike Chow. Das durchschnittliche Monatsgehalt der Bürger zwischen 20 und 24 Jahren auf Taiwan beträgt rund 860 US$, aber für jene, die sich mit zum Teil unversteuerten Nebenjobs noch etwas dazu verdienen, liegt die Summe höher. Taxifahren oder das Bedienen in Diskos, Karaoke-Bars oder Nachtklubs sind beliebte Nebenjobs für junge Leute.
Die rasch steigenden Eigenheimpreise sind vielleicht der Hauptfaktor, welcher die Einstellung zum Geldausgeben beeinflußt. Bis vor kurzem galt der Besitz eigener vier Wände als ein Zeichen des Erfolgs und wurde dadurch zum erklärten Ziel vieler junger Leute. Mittlerweile sind die Wohnungspreise jedoch so schnell und so hoch gestiegen, daß viele der jüngeren Jahrgänge es aufgegeben haben, Geld dafür zur Seite zu legen.
Jene, die wirklich auf das eigene Dach überm Kopf sparen, müssen drastische Maßnahmen ergreifen. Steve Juang (莊鴻俊), ein 29jähriger Anlageberater bei Aetna Life Insurance Co. in Taipei, steckt die Hälfte seines monatlichen Gehalts in Aktien oder in das Café, welches ihm zusammen mit einigen Freunden gehört. Er glaubt, daß eine einzige Hoffnung auf ein eigenes Heim in der Erzielung großer Gewinne bei diesen Investitionen liegt. Währenddesen wäscht der 29jährige Chow Shi-chung (周世崇) als Mitinhaber einer Autowaschanlage in Taipei täglich rund vierhundert Wagen und legt zwei Drittel der so verdienten 80 000 NT$ (3200 US$ ) in der Hoffnung auf ein Eigenheim auf die hohe Kante.
Trotz solch durchgreifender Maßnahmen bezweifeln junge Leute, daß sie sich jemals eigene vier Wände leisten werden können. Hiesige Zeitungen berichten, daß es einen Durchschnittsverdiener 31 sparsame Jahre kostet, um eine neue Taipeier Wohnung in mittlerer Preilage zu kaufen. Seit Mitte der achtziger Jahre sind die Immobilienpreise in Taiwan in die Höhe geschnellt und in einigen Lagen Taipeis sogar um 500 Prozent gestiegen. Das Fehlen erschwinglicher Wohnungen ist zu einer der größten sozialen Schwierigkeiten geworden, mit denen Taiwans Bewohner konfrontiert werden. Tausende von jungen Leuten haben sich einer Protestgruppe mit dem Namen "Schnecken ohne Häuser" angeschlossen, um gegen steigende Preise zu demonstrieren.
In vieler Hinsicht illustriert der Bruch mit der langjährigen Tradition, für ein eigenes Heim zu sparen und zu knausern, die neuen Werte und Prioritäten, welche viele junge Leute in Taiwan angenommen haben. Schließlich aber hat Taiwan seit den harten Zeiten, welche die Eltern durchlebten, einen langen Weg zurückgelegt, und die 20- bis 30jährigen wollen die Früchte des wirtschaftlichen Erfolg genießen. Wenn der Kauf einer Wohnung unmöglich ist, warum dann nicht lieber eine mieten und das restliche Geld für ein Auto oder eine Europareise ausgeben? Wang Liang-i faßt die Gefühle vieler seiner Altersgenossen zusammen, wenn er sagt: "Wenn ich mir nie ein eigenes Fleckchen leisten kann, warum soll ich mich dann nicht an dem Geld erfreuen, das ich habe? Das Leben ist viel zu kurz."
(Deutcch von Jessika Steckenborn)
Wang Pei-ling (王佩玲), 28
Familienstand: verheiratet, ein Kind
Bildung: Magisterabschluß
Beschäftigung: Dozentin am Junior-College tür Technik in Kaohsiung
Ort: Kaohsiung
Was bedeutet für Sie ,,ein gutes Leben führen"?
Ein ideales Leben bedeutete, daß wir in ein größeres Haus ziehen würden, wo wir auch unsere beiden Autos unterbringen könnten. Ich möchte nur ein Haus, wo wir genug Platz zum Leben haben. Das Wichtigste ist frische Luft.
Was das ideelle Leben anbelangt, hoffe ich, daß mein Mann kein Verhältnis mit einer anderen Frau anfängt, daß meine Kinder zu liebenswerten Menschen heranwachsen und ich meine Ausbildung weiterverfolgen kann. Bei der Realisierung des letzten Punkts spielt Geld natürlich die wichtigste Rolle. Grundsätzlich hat mein Mann nichts dagegen, daß ich meine Ausbildung fortsetze. Wenn ich weiterstudiere, möchte ich promovieren, um später Englisch als erste Fremdsprache unterrichten zu können. Kürzlich hat mein College mehr als dreißig promovierte Lehrer eingestellt. Nur mit dem Magistertitel bekommt man hier keine Stelle mehr. Ich bin gezwungen, meine Ausbildung fortzuführen.
Was sind die größten Hindernisse auf dem Weg zu einem guten Leben in Taiwan?
Luftverschmutzung und andere Probleme. Ich bewundere wirklich, wie die Häuser in Amerika angeordnet sind. Dort gibt es Gärten und Garagen, und zwischen den Häusern sind Freiräume. Es ist schwierig, das Gedränge in Taiwan aufzulockern, weil der Platz begrenzt ist. Die Luftverschmutzung mag sich verbessern - haben wir nicht schließlich einige Umweltschutzbestimmungen? Wir leben in der Nähe von Schwerindustrieanlagen wie petrochemische Werke; die belasten den Lebensraum. Natürlich machen wir uns Sorgen um die Gesundheit unserer Kinder.
Cheng Shuang-li (鄭爽麗), 28
Familienstand: ledig
Bildung: höherer Schulabschluß
Beschäftigung: Geschäftsführerin des familieneigenen Supermarkts
Ort: Nantou, Zentraltaiwan
Ist Ihre finanzielle Situation besser als die Ihrer Eltern früher?
Ja. Ich kann mir die meisten Dinge genehmigen, die ich möchte. Als meine Eltern jung waren, konnten sie sich beispielsweise keine importierten Äpfel aus den USA leisten. Als ich klein war, konnten sie wohl ein paar dieser Äpfel erstehen, aber weil sie viel Geld kosteten, wurden sie für die Kinder aufgehoben. Wir fünf Kinder mußten uns einen Apfel teilen. Jetzt kaufe ich mir so viele Äpfel, wie ich möchte. Ich kann sie sogar wegwerfen, wenn sie mehlig werden
Meine Eltern haben Ihr ganzes Leben damit verbracht, zu arbeiten und für die Kinder zu sorgen. Sie hatten weder Zeit noch Energie, sich um ihre Bildung zu kümmern. Heute arbeiten mein jüngerer Bruder und ich von 9 Uhr morgens bis 10 Uhr abends, sieben Tage die Woche, in unserem Geschäft. Wir verdienen ungefähr 50 000 NT$ (2000 US$) pro Monat. Dafür reise ich einmal im Jahr ins Ausland, sozusagen als Belohnung und Weiterbildungsinvestition. Ich bin schon in Indonesien, den USA und auf Hawaii gewesen. Es macht mir Spaß, andere Leute zu treffen und Neues zu sehen. Ich betrachte es als einen Weg, mein Leben zu bereichern.
Samuel Wang (王三明), 27
Familienstand: ledig
Bildung: Collegeabschluß
Beschäftigung: leitender Buchhalter bei Ogilvy & Mather Advertising (Taiwan) Co.
Ort: Taipei
Was verstehen Sie unter dem Ausdruck ,,ein gutes Leben führen", und was sind Ihrer Ansicht nach in Talwan die größten Probleme bei der Realisierung?
In meiner Idealvorstellung vom Leben wäre ich in der Lage, über meine Zelt und Umgebung zu bestimmen. In Bezug auf Lebensbedingungen hätte ich gerne ein eigenes Haus und ein Auto. Was Zeit anbelangt, so möchte ich neben der Arbeit genug Freiraum für meine Familie und Hobbys haben. Im Moment muß ich viel arbeiten, da ich erst am Anfang meiner Karriere stehe. Ich bin ein Familienmensch und hoffe, in Zukunft die Hälfte meiner Zeit mit meiner Familie verbringen zu können.
Ich wünsche mir ein angemessenes Gehalt, eine gute Stelle und eine eigene Familie. Ich bin zuversichtlich, daß ich meine Vorstellungen von einem Idealleben verwirklichen kann, wenn ich hart arbeite. Vielleicht bin ich besser dran als andere junge Leute, da meine Eltern schon eine Wohnung für mich gekauft haben. Dafür muß ich mich nicht mehr abmühen. Bei den heutigen himmelhohen Immobilienpreisen ist der Kauf einer Wohnung zu einem unerfüllbaren Traum für die junge Generation geworden. Spekulationen an der Börse arten aus, und die Medien machen viel Wirbel um Industriemagnaten und über Nacht zu Millionären gewordene Leute. Das kann vielen Bürgern einen falschen Eindruck vermitteln, und dadurch sind sie frustriert. Die Öffentlichkeit hört nur von den Erfolgen der Reichen, nicht aber von deren Anstrengungen. Folglich gibt es Viele, die mit ihrem eigenen Lohn unzufrieden sind. Das hat einen sehr schlechten Einfluß auf die Gesellschaft. Ich bin auch zu einem gewissen Grad davon beeinflußt worden.
Huang Chi-ke (黃基格), 26
Familienstand: ledig
Bildung: Berufsschulabschluß
Beschäftigung: Lagerarbeiter für einen Computerhersteller; Miteigentümer eines Ladens für Computerzubehör
Ort: Chungli, Zentraltaiwan
Ist Ihre Lebenssituation besser als die Ihrer Eltern im gleichen Alter?
Im allgemeinen gesagt ist der Lebensstandard in Talwan viel höher als vor dreißig Jahren. Ich verdiene 25 000 NT$ (1000 US$) monatlich und gebe das gesamte Geld meinen Eltern, die mir dann soviel Taschengeld auszahlen, wie ich benötige. Ich bin ganz zufrieden mit meiner jetzigen Situation. Ich arbeite für eine gute Firma. Sie expandiert und bietet gute Leistungen sowie eine Altersversorgung. Ich träume davon, ein Haus in der Stadt zu besitzen, doch Häuser sind so teuer in Taiwan, daß mein Traum möglicherweise nicht in Erfüllung gehen wird. Aber wenigstens haben meine Eltern ein Haus, wo ich mit ihnen zusammen wohnen kann.
Was ist Ihre Definition von einem "guten Leben"? Was steht dem Erreichen eines solchen auf Taiwan im Wege?
Das einzige, was mir zu schaffen macht, ist, daß meine Eltern auf eine baldige Heirat drängen, da ich der einzige Sohn bin und sie sich sehnlichst Enkelsöhne wünschen. Meine Freundin ist erst 21 und möchte nicht so jung heiraten.
Ich habe mein Leben nur auf ein paar Jahre im voraus geplant. Ich hoffe, ich werde Englisch- und Computerunterricht nehmen können. Mein Chef hat mir mal gesagt, daß er mich in unsere Zweigstelle nach Deutschland schicken würde, wenn mein Englisch gut genug sei. Zur Zelt ist mein Hauptanliegen, mein Wissen zu erweitern.
Lin Han-kun (林漢堃), 30
Familienstand: verheiratet, drei Kinder
Bildung: Berufsschulabschluß
Beschäftigung: Facharbeiter bei China Steel Corporation
Ort: Kaohsiung
Warum ist es hierzulande schwierig, ein gutes Leben zu führen?
Wenn abends die Kinder von der Schule kommen, gehen wir manchmal zum Essen aus. Wir erhoffen uns einen gemütlichen Abend, doch sobald wir das Haus verlassen, dreht sich alles nur um Verkehrsstaus und Parkprobleme.
Die Leute sollten rücksichtsvoller sein. Beispielsweise sollten sie nicht überall wild parken - und wenn möglich überhaupt nicht mit dem Auto fahren, wenn sie nur Kleinigkeiten zu erledigen haben. Die Leute werden immer egoistischer.
Natürlich wird ein gutes Leben auch durch andere Dinge bestimmt. Zum Beispiel würde ich nach der Arbeit gerne nach Hause gehen, mich ausruhen und Musik hören, aber die Motorräder auf der Straße machen so einen Lärm. Außerdem gibt es zu wenig Freizeit- und Erholungsstätten. Jetzt, da der Verkehr immer schlimmer wird und die soziale Ordnung verfällt, sollte die Regierung etwas tun, um unsere Ängste zu zerstreuen. Ich bin überzeugt, daß wir zur Erreichung eines hohen Lebensstandards nicht nur in der Lage sein sollten, unsere materiellen Bedürfnisse zu befriedigen, sondern alle Gruppen unserer Gesellschaft sollten die Bedeutung eines verbesserten Lebensraums verstehen.
Erwarten Sie, daß sich die Probleme im nächsten Jahrzehnt verbessern oder verschlechtern werden?
Wenn die Leute sich ihrer Verantwortung für die soziale Ordnung bewußt werden und nicht noch weitere überflüssige Probleme bereiten, könnte sich die Situation mit Sicherheit zum Guten wenden. Die Regierung muß unbedingt Maßnahmen treffen, um die soziale Ordnung zu sichern und den Verkehr zu verbessern.
He Ming-wei (何明薇), 25
Familienstand: ledig
Bildung: Berufsschulabschluß
Beschäftigung: Besitzerin eines Make-up- und Gesichtsmassageladens
Ort: Taipei
Was bedeutet es für Sie, "ein gutes Leben zu führen"?
Ich genieße mein Leben jetzt. Neben der Arbeit gehe ich am Wochenende in Restaurants, Nachtklubs und Karaoke-Bars. Meine Eltern arbeiten noch immer auf der Obstplantage in meinem Heimatort. Sie haben ihr ganzes Leben der Arbeit verschrieben. Sie wissen nicht, wie sie ihr Leben besser gestalten können. Ab und zu besuche ich sie, aber ich bin nicht an das Leben auf dem Land gewöhnt. Ich weiß nicht, was ich dort tun soll. Obwohl der Verkehr in Taipei schlimm ist, habe ich mich an die Staus und Hochhäuser gewöhnt. Mir gefällt das Leben in Taipei. Alleine habe ich meine Ruhe. Ich muß niemandem darüber Rechenschaft ablegen, wann ich ausgehe. Ich mag es nicht, kontrolliert zu werden. Ich bin für mich selber verantwortlich
Was sind die Erschwernisse bei einem guten Leben in Taiwan? Erwarten Sie, daß sich die Schwierigkeiten in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren verschärfen oder verbessern?
Ich weiß nicht genau, wie mein Leben in zehn oder zwanzig Jahren aussehen wird. Ich glaube, daß Geld sehr wichtig ist. Je älter ich werde, umso mehr schätze ich Geld. Das Leben ist hart, nicht wahr? Ohne Geld kann man nichts machen. Mit Geld in der Tasche kommst du überall hin, aber ohne bist du hilflos. Ich hoffe, daß ich in zwanzig Jahren finanziell unabhängig sein werde. Um dieses Ziel zu erreichen, werde ich eventuell mein Geschäft erweitern müssen. Ich werde einige Mitarbeiter einstellen. Das beste wäre, ich heiratete einen reichen Mann. Dann könnte ich zum Spaß und nicht des Geldes wegen arbeiten.
Tsai Wei-ting (蔡媦婷), 27
Familienstand: verheiratet
Bildung: Magisterabschluß
Beschäftigung: Wissenschaftlerin in der Gartenbauabteilung am Forschungsinstitut der Taiwan Sugar Corp.
Ort: Tainan
Wie würden Sie auf Taiwan "ein gutes Leben führen" definieren?
Das erste, woran ich denke, ist eine glückliche Familie, wohlerzogene Kinder und eine durchschnittliche Einkommenslage. Was die Umwelt betrifft, können wir an einem Ort wie Taiwan nicht viel erwarten. Natürlich hoffen wir, daß sich die Luftqualität und die Verkehrsbedingungen verbessern werden, aber darauf haben wir keinen Einfluß. Das beste, was wir hier erreichen können, ist ein Plätzchen für uns allein.
Was sind die größten Hindernisse?
Verkehrsstaus und wuchernde Immobilienpreise. Wir hoffen nicht darauf, jemals in einem großen Stadthaus zu leben; wir möchten lediglich unser eigenes Heim, aber wir können uns keins leisten. Manchmal fühle ich mich hilflos. Das ist der Grund, warum Leute spekulieren. Wenn sie nicht spekulieren, haben sie überhaupt keine Hoffnung. Das führt auch zu sozialen Problemen wie Überfällen.
Werden diese Probleme in zehn bis zwanzig Jahren leichter oder schwieriger zu bewältigen sein?
Offen gesagt bin ich nicht besonders optimistisch. Viele Kinder werden nun verwöhnt. Man kann sich vorstellen, wie sie sich in zehn oder zwanzig Jahren verhalten werden. Sie dürfen mit Geld um sich werfen. Taiwans jetziger Erfolg ist das Ergebnis der harten Arbeit unserer Eltern. Ich habe keine schweren Zeiten mehr durchgemacht. Ich weiß nicht, was aus der jungen Generation werden wird, die in einer so bequemen und komfortablen Umgebung groß geworden ist.